DRM und Open Content?

Am Dienstag vergangener Woche hatte ich im Rahmen eines Workshops an der Tagung für Informatik und Recht in Bern die Gelegenheit, Creative Commons vorzustellen. Tagungsthema war \”Nutzen und Gefahren von Digital Rights Management-Systemen\” [1]. Die Tagung wurde durch das Bundesamt für Justiz, die Universität Bern sowie den Schweizerischen Verein für Rechtsinformatik organisiert. Das Tagungsthema stand insbesondere in Bezug zur Revision des Urheberrechtsgesetzes.

Meinen Workshop hielt ich ganz am Ende des Tages. Bei meinen VorrednerInnen war interessanterweise Creative Commons immer wieder mal aufgeworfen worden. Die Herausforderung bestand eigentlich darin, den Leuten – nachdem sie fast einen ganzen Tag lang von Rechtemanagement, Beschränkungen, Kompatibilitätsschwierigkeiten, Datenschutz etc. gehört hatten – zu erläutern, wieso Open Content Lizenzmodelle von Urhebern überhaupt genutzt werden.

Zudem hatte ich Creative Commons mit DRM in Bezug zu bringen; Dazu gilt festzuhalten, dass die Lizenzen von Creative Commons eine Bedingung mit folgendem Wortlaut enthalten:

Sie dürfen den Schutzgegenstand mit keinen technischen Schutzmaßnahmen versehen, die den Zugang oder den Gebrauch des Schutzgegenstandes in einer Weise kontrollieren, die mit den Bedingungen dieser Lizenz im Widerspruch stehen.

Im Prinzip hätte ich da den Vortrag beenden können. Open Content und die Verwendung von DRM stehen in einem nur schwer überbrückbaren Widerspruch. Während Open Content Lizenzmodelle bezwecken, gewisse Nutzungen ausdrücklich zu erlauben, so schliessen DRM Systeme den Nutzer grundsätzlich von Nutzungen aus.

Daran ändert wohl auch ein Open Source DRM nichts; Die Sicht auf den Code und die verwendete Technologie bedeutet nicht, dass dieses DRM System nicht doch für die Rechte- und Nutzungsverwaltung eingesetzt wird. Die Herausforderung für die Branchen, die DRM einsetzen wollen, wird es sein, die Akzeptanz beim Kunden und die Interoperabilität der Systeme zu erhöhen. An der Tagung wurde verschiedentlich berichtet, dass sich bezüglich der Akzeptanz von DRM Systemen gewissen Nutzer benachteiligt fühlen würden, weil sie bspw. doppelt für ein Konsumgut zahlen würden. Einerseits sei da die Leistung für das Gut selbst und andererseits, etwa bei Musik, wären noch Abgaben zu leisten. Solche oft frustrierte Nutzer würden geradezu in Online-Tauschbörsen abgedrängt, hiess es etwa.

Bezüglich Interoperabilität, bezogen auf Inhalte, nicht auf Systeme, sieht es bei Open Content lizenzierten Inhalten besser aus. Auch hier gibt es Hürden, die etwa darin bestehen, dass eine PDF Datei nicht leichthin mit einem Texteditor „gelesen“ werden kann. Eine Speicherung in einem anderen Dateiformat stellt aber bei sog. freien Inhalten kaum ein Problem dar.

Hinsichtlich der Akzeptanz von Open Content Lizenzmodellen kann auf die Vielfalt und Menge von Inhalten verwiesen werden; Wikipedia spricht eine eigene Sprache und die Millionen von unter Creative Commons lizenzierten Werken im Netz ebenso.

Allenfalls lässt sich noch fragen, ob man die Brücke zu DRM Systemen schlagen kann, falls man will. Denn DRM Systeme werden dann zum wirklich ernstzunehmenden Problem, wenn freie Inhalte auf mittels DRM kontrollierten Betriebssystemen nicht mehr konsumiert werden können [2]; wenn sich Wikipedia Dokumente in einem Browser nicht mehr darstellen und unter Creative Commons Lizenzen lizenzierte mp3 Dateien nicht mehr abspielen lassen. Der Gedanke liegt nahe, dass eben solche freie Inhalte sich des verwendeten DRM Systems bedienen müssten. Das System müsste aber mit „offenen Türen“ laufen gelassen werden. Ein Maximum an gewährten Rechten, bei einem Minimum an Einschränkungen.

Um nochmals auf die Tagung zurückzukommen; Irrtum vorbehalten, war es Prof. Dr. Thomas Hoeren, der erwähnte, dass die Industrie den Ball auch schon mal an die Verwertungsgesellschaften weitergespielt habe, im Sinne, dass es doch eigentlich im Interesse der letzteren sein sollte, sich DRM Systemen zu bedienen, um die Interessen der Urheber im Zeitalter der Informationstechnologien besser wahren zu können. Das würde aber heissen, dass die Verwertungsgesellschaften sich um die Verbesserung der Akzeptanz und Interoperabilität von solchen Systemen kümmern müssten. Die Finanzierung würde wohl durch die Gesellschaften zu tragen sein und würden letztlich wieder auf deren Mitglieder, sprich Urheber, abgewälzt.

Ich war schon geneigt zu sagen, wie schön es doch war, als der Plattenspieler noch in der Wohnstube stand. Sentimentalität hilft aber auch da nicht weiter; schon naht der nächste Akt mit dem \”Analog Content Security Preservation Act\” [3].

[1] http://www.rechtsinformatik.ch/de/programm2005_de.html
[2] http://waste.informatik.hu-berlin.de/Grassmuck/Texts/drm-fiffko.html
[3] http://www.eff.org/IP/Video/analog_hole_discussion_draft.pdf

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